Rede des Fraktionsvorsitzenden Andre Drinuth zum Haushalt der Stadt Oelde für 2020
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Knop, sehr geehrte Mitglieder des Rates, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, sehr geehrte Damen und Herren,
Erlauben Sie mir zu Beginn einen kurzen Rückblick auf die Haushaltslage der letzten Jahre. Man kann ohne Zweifel festhalten, dass die letzten Jahre für unsere Stadt äußerst erfolgreich waren. Ich möchte diese Aussage gerne mit einigen Fakten untermauern:
In den Jahren 2016, 2017 und 2018 konnten wir zusammengerechnet einen Jahresüberschuss von rund 15,5 Mio. Euro erwirtschaften.
In den Jahren 2017 und 2018 haben wir mit 25,7 und 26,1 Mio. Euro ein bisher ungeahntes Niveau bei den Gewerbesteuereinnahmen erreicht. Ein Indikator für eine starke und florierende Wirtschaft!
Auch die Schulden konnten mit der Ausnahme eines Ausreißers im Jahr 2014 von 2009 bis 2019 kontinuierlich abgebaut werden, auf ein Niveau von aktuell etwas über 30 Mio. Euro.
Das Eigenkapital unserer Stadt wurde aufgrund der positiven Jahresabschlüsse in den zurückliegenden Jahren deutlich gestärkt. So verfügen wir zum Ende des Jahres 2018 über eine prall gefüllte Ausgleichsrücklage von rund 12,8 Mio. Euro, die es uns ermöglicht, den Haushalt in den beiden kommenden Jahren fiktiv auszugleichen.
Die außerordentlich gute Liquiditätslage hat dazu geführt, dass wir in den letzten Jahren so gut wie keine Investitionskredite oder Kassenkredite aufnehmen mussten. Nichtsdestotrotz haben wir große Investitionen geschultert, wie z.B. den Bau der neuen Feuer- und Rettungswache oder die umfassende Modernisierung unserer Schul- und Sportinfrastruktur.
Ich könnte die Liste der positiven haushaltstechnischen Fakten im Rückblick sicherlich auch noch etwas fortführen, möchte es aber an dieser Stelle belassen. Denn leider geht die positive Entwicklung nicht so weiter!
Wir erwarten im nächsten Jahr nach Berücksichtigung aller während der Haushaltberatungen erfolgten verwaltungstechnischen und politischen Anpassungen ein Defizit von rund 5,5 Mio. Euro, in den kommenden 4 Jahren zusammengenommen sogar von ca. 17,5 Mio. Euro. Das ist insbesondere auch schon deshalb „bemerkenswert“, wenn man sich im Vergleich mal die Entwicklung anderer größerer Kommunen im Kreis Warendorf anschaut. So schaffen es Ahlen und Beckum, im kommenden Jahr einen positiven Überschuss auszuweisen. Auch in Warendorf wird nur ein marginales Defizit geplant. Warum schafft es eine Stadt wie Oelde, die eine hohe Steuerkraft aufweist und als finanz- und wirtschaftsstark gilt, nicht auch, einen zumindest ausgeglichenen Haushalt vorzulegen? Warum bekommen das andere Städte hin, die gefühlt eine schwierigere Ausgangslage zu meistern haben als wir?
Hierfür gibt es sicherlich vielschichtige Gründe. Ein nicht unerheblicher Faktor sind ohne Zweifel die hohen Schlüsselzuweisungen, die insbesondere die großen Städte im Kreis Warendorf im Gegensatz zu Oelde erhalten. Und natürlich ist der Einbruch bei den Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von rund 6 Mio. Euro im Vergleich zum Rechnungsergebnis 2018 in den kommenden Jahren ein Hauptgrund dafür, dass wir im Moment so weit von einem positiven Jahresergebnis in 2020 entfernt sind wie mein Lieblingsverein, der 1. FC Köln von einer deutschen Meisterschaft im Fußball. Es muss aber auch zur Kenntnis genommen werden, dass wir es im Jahr 2016 geschafft haben, bei Gewerbesteuereinnahmen von 21 Mio. Euro, also 900 Tsd. Euro mehr als die eingeplanten 20,1 Mio. Euro im kommenden Jahr, einen positiven Jahresabschluss von 5,2 Mio. Euro zu erzielen. Es mag im Jahr 2016 Sondereinflüsse gegeben haben. Diese Zahlen zeigen aber, dass die Gründe für die vorhergesagten deutlichen Defizite komplexer und eben nicht so einfach zu erklären sind.
Was uns von anderen Städten im Kreis Warendorf unterscheidet, ist ganz bestimmt die riesige Bugwelle an Investitionen, die wir vor uns herschieben. Im Haushaltsplanentwurf der Verwaltung steht auf Seite 50 geschrieben: „Im Planungszeitraum 2020 – 2023 werden voraussichtlich zusätzliche Kredite mit einem Gesamtvolumen von 40,168 Mio. Euro benötigt.“ Das bedeutet de facto, wenn die Entwicklung der Finanzen so eintritt wie vorhergesagt, dass sich die über die letzten Jahre kontinuierlich abgebauten Schulden in kürzester Zeit mehr als verdoppeln! werden. Das sind Größenordnungen, von denen mal als Ratspolitiker „Schnappatmungen“ bekommen sollte.
Doch was verbirgt sich hinter den enormen Investitionssummen?
Als eins der größten Einzelprojekte in der Geschichte der Stadt Oelde wird die neue Dreifachsporthalle mit multifunktionaler Nutzung sehr wahrscheinlich weit mehr als die bisher veranschlagten 10 Mio. Euro kosten. Fast 6 Mio. Euro sind in den kommenden Jahren für die dringend notwendigen Anbauten am TMG veranschlagt. An der Gesamtschule sind noch einmal rund 4 Mio. Euro im nächsten Jahr eingeplant, um die Transformation hin zu einem modernen Schulcampus fortzusetzen. Auch an den Grundschulen und Kindergärten werden mehrere hunderttausend Euro investiert. Das macht deutlich, dass Verwaltung und Politik enorm viel dafür unternehmen, um die baulichen Voraussetzungen für einen ausgezeichneten Bildungsstandort bereitzustellen. Die CDU wird sich auch zukünftig stark dafür engagieren, die hohen Standards im Bildungsbereich zu erhalten.
Nach einem Rechnungsergebnis von 175.995,45 Euro im Jahr 2018 sind im Jahr 2020 mehr als 7 Mio. Euro für Investitionen im Bereich Kanalisation und Kläranlage vorgesehen, genau genommen eine Steigerung von sage und schreibe rund 4.000 Prozent. Grund hierfür sind insbesondere Ausgaben für eine neue Pumpstation und eine Abwasserdruckrohrleitung für Lette, aber auch viele weitere kleinere Investitionen im Bereich zwischen 50 und 400 Tausend Euro. Gemeinsamkeiten gibt es zum Bereich Straßenbau. Denn auch hier stellt das Rechnungsergebnis in 2018 mit rund 286 Tsd. Euro nur einen Bruchteil der rund 4 Mio. Euro dar, die nächstes Jahr für diverse Projekte ausgegeben werden sollen.
Wir hoffen, dass die Arbeiten an der Warendorfer Straße schneller als geplant abgeschlossen werden können, um die Belastung für die Geschäftsleute vor Ort so niedrig wie möglich zu halten. Hier zeigt sich wieder, dass es ganz besonders die Geschäftsleute oft sehr hart trifft, wenn vor ihrer Haustür gebaut wird. Die Stadt muss zukünftig unbedingt Wege finden, um solch massive Eingriffe in unsere Verkehrsinfrastruktur besser und frühzeitiger zu kommunizieren und mit flankierenden Maßnahmen zu begleiten. Herr BM Knop, Lieber Herr Leson, bitte tun Sie alles dafür, dass die Warendorfer Straße möglichst bald wieder für den Verkehr frei gegeben werden kann.
Da im kommenden Jahr rund 35 Mio. Euro für Investitionsauszahlungen vorgesehen sind, zu denen auch noch ältere Verpflichtungsermächtigungen von ca. 18 Mio. Euro aus dem Vorjahr hinzukommen, steht die Verwaltung vor einer großen Herausforderung. Es ist bei den Realisierungsquoten aus der Vergangenheit nur schwer vorstellbar, dass ein so großes Budget tatsächlich auch komplett wie geplant abgearbeitet werden kann. Daher haben wir die Verwaltung aufgefordert, eine Projektübersicht zu erstellen, aus der hervorgeht, wie die einzelnen Projekte mit dem vorhandenen Personal umgesetzt werden sollen. Diese Übersicht hat die Verwaltung bereitgestellt. Ich fordere Sie auf, Herr Knop, diese Übersicht in dem Sinne fortzuführen, dass wir in jeder Sitzung des Planungsausschuss im nächsten Jahr einen aktuellen Statusbericht für die aufgeführten Projekte erhalten, um uns so eine Erfolgskontrolle zu ermöglichen.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die vielen geplanten Investitionsvorhaben in den meisten Fällen einen jahrzehntelangen Investitionsstau auflösen. Wir können auf der einen Seite froh darüber sein, dass hier Werte und hohe Standards für unsere Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden. Auf der anderen Seite erwachsen hieraus aber auch hohe finanzielle Verpflichtungen für die nachfolgenden Generationen. Man muss sich ehrlich die Frage stellen, ob wir in Anbetracht der aktuellen finanziellen Aussichten nicht über unsere Verhältnisse leben?
Der Bau einer Multifunktionshalle, obwohl wir nur eine Dreifachsporthalle wirklich brauchen, große Investitionszusagen für neue Vorhaben unserer Sportvereine oder Freizeiteinrichtungen, obwohl nur ein begrenzter Personenkreis solche Anlagen nutzt, der Kauf weiterer Wohnbauland- und Gewerbegrundstücke oder die Einführung höherer ökologischer Standards sind allesamt in der Mehrzahl keine verpflichtenden, sondern freiwillige Ausgaben. Im Haushaltsplanentwurf auf Seite 45 steht: „Deshalb ist der Aufwandsreduzierung künftig oberste politische Aufmerksamkeit zu widmen“. Das ist sicherlich richtig, Herr BM Knop. Ich vermisse hier aber explizit die Einbeziehung der Verwaltung. Der vorliegende Haushalt zeigt aus meiner Sicht so gut wie keine konkreten Ansätze oder Hinweise darauf, wie ein stabiler Haushalt bei den aktuellen und noch zusätzlich auf uns zukommenden Verpflichtungen und einer rückläufigen bzw. stagnierenden Einnahmensituation in Zukunft realisiert werden könnte. Das wird wohl eine der dringendsten und ersten Aufgaben der neuen Verwaltungsleitung und des neu gewählten Rates werden.
Der anstehende Kommunalwahlkampf im kommenden Jahr hat sicherlich auch mit dazu beigetragen, dass die Parteien im Rat noch einmal zahlreiche Änderungsvorschläge und Anträge eingebracht haben. Für uns stand schon nach der Klausurtagung fest, dass wir insbesondere in 3 Bereichen Schwerpunkte im Haushalt 2020 setzen wollen. Die Verstärkung der Digitalisierungsanstrengungen steht für uns an erster Stelle. Eine moderne und zukunftsgerichtete Verwaltung zeichnet sich aus unserer Sicht durch einen hohen Digitalisierungsgrad in allen Fachdiensten aus. Ziel muss es sein, die Kunden, also die Oelder Bevölkerung noch effektiver, effizienter und schneller zu bedienen. Dabei sind gleichzeitig mögliche Kosteneinsparungspotentiale innerhalb der Verwaltung zu nutzen. Unser Antrag, die Verwaltung bei den Digitalisierungsanstrengungen durch externe Hilfe zu unterstützen, wird nun umgesetzt. Als zweites wichtiges Gebiet setzen wir uns für die medizinische Grundversorgung vor Ort ein. Neben dem einmaligen Zuschuss für das Marienhospital im Jahr 2020 für den Ausbau der Radiologie, gibt es ab 2021 erstmalig ein von uns beantragtes Budget für die Öffentlichkeitsarbeit der durch die CDU initiierten Arbeitsgruppe zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung vor Ort.
Der dritte Schwerpunktbereich, der auch ein großes Gewicht in den Haushaltsberatungen eingenommen hat, ist der Klimaschutz. Im Grunde genommen sind bei allen Parteien Anträge zu diesem eminent wichtigen und umfangreichen Themenkomplex zu finden, der durch die mediale Berichterstattung auch in der Bevölkerung große Aufmerksamkeit genießt. Ich bin davon überzeugt, und das zeigt der heute zu verabschiedende Haushalt, dass wir als Verwaltung und Rat wichtige Weichenstellungen vorgenommen haben, um der Bedeutung des Umwelt- und Klimaschutzes gerecht zu werden. Auf unsere Initiative hin sollen die zukünftige Ausrichtung des örtlichen ÖPNV unter ökologischen Gesichtspunkten im kommenden Jahr weiter diskutiert und einzelne Maßnahmen bereits umgesetzt werden. Es wird zusätzliche Mittel für die Anpflanzung neuer Bäume geben und der Außenstellplatz für Fahrräder vor der Radstation am Bahnhof erfährt im Rahmen des Bahnhofumbaus eine dringend notwendige Modernisierung.
Wir haben uns auch dafür stark gemacht, dass die tatsächliche Arbeitszeit der Klimaschutzmanagerin erweitert wird, um den vielfältigen und umfangreichen Anforderungen an diese Stelle besser gerecht werden zu können. Ab März 2020 erfolgt nun die Ausweitung der Arbeitszeit. Was jetzt noch fehlt, ist die stärkere und sichtbare Verankerung der Stelle im Organigramm der Stadt, mit entsprechenden Auswirkungen auf das tägliche Handeln innerhalb der Verwaltung. Ich gehe davon aus, dass dieser Schritt spätestens mit der neuen Verwaltungsleitung erfolgt.
Aus Sicht der CDU-Fraktion ist für einen erfolgreichen Umwelt- und Klimaschutz vor Ort entscheidend, dass jeder einzelne Bürger seine Verhaltensweisen überdenkt und anpasst. Die Stadt muss hier mit gutem Beispiel vorangehen und Anreize setzen, teilweise auch Vorgaben machen, wie beispielsweise Bauvorhaben umweltfreundlich umzusetzen sind. Für uns steht an erster Stelle, dass Klimaschutz gemeinsam gelebt und akzeptiert und nicht durch einseitige und übertriebene Einschränkungen, Verbote oder Forderungen erzwungen wird. Auch müssen die ökologischen Anstrengungen der Stadt in Zeiten leerer Kassen und einer hohen Arbeitsbelastung mit begrenzten Kapazitäten wohl überlegt und dosiert sein.
Ich freue mich persönlich sehr darüber, dass wir trotz der schwierigen Haushaltslage die Weichen für eine positive Weiterentwicklung des Vier-Jahreszeitenparks gestellt haben. Nach der Modernisierung der Erlebnisfarm werden wir in 2020 mit der Attraktivierung des Eingangsbereiches starten. Durch den Kauf des Seasons und ein mögliches neues Betreiberkonzept ergeben sich ganz neue Chancen. Ich wünsche mir, dass wir im Jahr 2021 nach einer erfolgreichen Umgestaltung ein tolles 20-jähriges Jubiläum in unserem Park feiern können. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Team weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Arbeit, Frau Niebusch.
Nach dem gescheiterten Marktplatzumbau ist es umso mehr unsere Pflicht, die Umsetzung des Masterplans Innenstadt weiter zu verfolgen. Wo möglich, sollten wir alles dafür tun, um den Einzelhandel vor Ort in nicht einfacher werdenden Zeiten zu unterstützen. Ohne die vielen inhabergeführten Geschäfte würden wir ein großes Stück Aufenthalts- und Lebensqualität in unserer Heimatstadt verlieren.
Ich möchte am Ende meiner Haushaltsrede der gesamten Verwaltung für die geleistete Arbeit und die gute Zusammenarbeit in diesem Jahr danken. Auch die vielen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger haben wieder dazu beigetragen, dass unsere schöne Stadt so lebenswert ist. Vielen Dank für die unzähligen Stunden persönlichen Engagements!
Auch den Mitgliedern meiner Fraktion danke ich für die tolle Mitarbeit im Jahr 2019 und wünsche mir, dass der Einsatz für eine positive Weiterentwicklung unserer Stadt auch im nächsten Jahr weiterhin so hoch bleibt.
Die CDU-Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushaltsplanentwurf zu. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
#echtoelde